Drei Wochen haben wir uns vorgenommen einen kleinen Teil Kolumbiens – das neue Vorzeigeland Südamerikas – zu bereisen. Unser Boot steht unterdessen an Land und bekommt einen neuen Unterwasseranstrich. Wir freuen uns also nach unserer Landreise, wieder ein schickes, sauberes und durch den neuen glatten Rumpf auch wieder ein schnelles Schiff vorzufinden. Aber zunächst liegt erst einmal der Urlaub auf dem Land vor uns.
Wir fliegen von Santa Marta nur etwa eine Stunde nach Medellin. Mit 2,4 Millionen Einwohnern ist sie nach Bogota die zweitgrößte Stadt Kolumbiens. In den 80er und 90er Jahren war Medellin bekannt für ihr Drogenkartell und der hohen Mord- und Kriminalitätsrate. Nun gilt die ehemals gefährlichste Stadt der Welt als relativ sicher und als Geheimtipp. Da Städtereisen mit Kleinkindern nicht unbedingt entspannt sind, beschlossen wir, nur drei Tage in Medellin zu bleiben, um dann im Umland wieder Erholung zu suchen.
Medellin wirkte auf uns unglaublich laut, hektisch und dreckig. Um nicht ziellos durch die überfüllten Straßen zu irren, schlossen wir uns einer vierstündigen Stadtführung (Real-City-Tours) an, die uns die Geschichte Medellins näher brachte und uns quer durchs Stadtzentrum führte. Der kolumbianische Stadtführer war sehr um unsere Sicherheit bedacht, schleuste uns um große Menschenansammlungen herum und bat uns bei einigen Straßen und Plätzen, nicht die Gruppe zu verlassen und den Rucksack doch lieber vor dem Bauch zu tragen. Gut zu wissen, waren wir einen Tag vorher doch sehr unbedarft durch dieses Viertel geschlendert und fühlten uns eigentlich relativ sicher.
Genug von der Stadt verbrachten wir den Nachmittag im wirklich sehenswerten Botanischen Garten. Der nächste Tag führte uns mit der Seilbahn hoch hinaus in die Berge in den Parque Arvi. Die Wanderwege sind hier ausschließlich mit spanisch sprechenden Guides zu betreten, die aber wirklich nur sehr kleines Geld für ihre Dienste beanspruchen. Wir hatten eine Orchideentour gebucht und bekamen dabei aber nur sehr wenige und kleine Orchideen zu Gesicht (Martinique war hier wesentlich eindrucksvoller), die erst dort angesoegdelt werden mussten, um einen Orchideengarten präsentieren zu können. Die Fahrt mit der Seilbahn raus aus der Stadt ist aber trotzdem lohnenswert, der Blick über das Häusergewimmel in diesem langen Talkessel hat uns sehr beeindruckt.
Für die nächsten 18 Tage hatten wir uns ein Auto gemietet, um die Strecke nach Bogota zurückzulegen, wovon unser Rückflug nach Santa Marta aus geplant war. Ein Mietauto ist zwar nicht gerade das günstigste Fortbewegungsmittel in Kolumbien, aber es verschaffte uns unglaubliche Flexibilität beim Reisen und natürlich auch in der Gepäckmitnahme. Andere Reisende berichteten uns auch, dass sie das Busfahren in Kolumbien nur mit Reisemedikamente überstehen würden, da die Straßen in den Bergen unglaublich kurvig sind. Da wir beim Segeln schon genug von Übelkeit und kotzenden Kindern geplagt werden, entschlossen wir uns hier, doch ein wenig Luxus zu gönnen.
Von Medellin aus erreichten wir in etwa 2 Stunden Guatape, ein beliebtes Urlaubsziel der Einheimischen. Guatape ist umgeben von einem riesigen Stausee und ist bekannt für die kunstvolle und bunte Bemalung der kleinen Häuser. Für die Kinder gönnten wir uns den Spaß, die Stadt mit einem TukTuk zu erkunden. Die eigentliche Attraktion der Region ist aber der El Penon de Guatape, ein riesiger Felsen, der aus der Seenlandschaft aufragt. Knapp 700 Stufen führen zum Gipfel, auf dem wir dann einen großartigen Ausblick über die Landschaft genießen konnten.
Die nächsten Tage verbrachten wir in Jardin, ein kleines buntes Örtchen umrahmt von Kaffee- und Bananenplantagen. Die Umgebung erkundet man hier am besten auf dem Rücken der kolumbianischen Pferde. Wir fuhren also mit dem Jeep zu der kleinen Finca von Jaime, der uns jeweils auf ein kleines Pferd und Javik auf einen Esel setzte. Der obligatorische Gauchohut durfte natürlich auch nicht fehlen. Junus verschlief die Hälfte des zweistündigen Ausritts, so gut gefiel ihm anscheinend das Geschaukel und der Ausblick über die malerischen Berge. Nachdem wir ein wenig Vertrauen in die Pferde gefasst hatten, konnte ich den Ausritt mit dem schlafenden Junus vor mir im Sattel ebenfalls genießen.
Nach Jardin ging es für uns durch eine kurvige Landschaft nach Jerico. Ein weiteres kleines, buntes Dörfchen, mitten in den Bergen, mit Pferden an jeder Ecke. Jardin ist ein kleiner Ferienort für die Kolumbianer, ausländische Touristen sieht man hier kaum. Da gerade ein Feiertag war, bekamen wir nur im besten Hotel direkt in der Stadtmitte ein Zimmer. Ben handelte aber einen guten Preis aus, und so gönnten wir uns eine Luxus Suite mit Balkon und einem eigenen Dampfbad.
Das nächste Ziel war ein Freizeitzoo für Kinder, den uns eine kolumbianische Familie, die wir in Jerico getroffen haben, empfohlen hatte. Hier gab es nur heimische Tiere zu sehen. Am besten gefielen Junus und Javik die Kühe, die in einer Arena lautstark von den Kolumbianern gefeiert wurden. Als einzige ausländische Touristen stachen wir in dem sonst nur aus Kolumbianern bestehenden Publikum sehr ins Auge und so musste Ben sich einem Wettbewerb im Kuhmelken stellen, den er leider sang- und klanglos verlor, da er aufgrund seiner mangelnden Spanischkenntnisse nicht verstand, was überhaupt von ihm verlangt wurde
Das Highlight unserer Reise war das Dorf Salento in der Kaffeezone von Kolumbien. Natürlich haben wir uns hier eine Kaffeeplantage angeschaut, haben Kaffee gepflückt, geröstet und probiert. Aber am interessantesten fanden wir das Cocora Valley, in dem riesige Wachspalmen steil in den Himmel ragen. Da wir Kolumbien in der Regenzeit besuchten, hatten wir immer nur bis mittags für Ausflüge und Wandertouren Zeit, da es den Rest des Tages ununterbrochen wie aus Kübeln goss. So entschieden wir uns, das Tal an zwei Tagen – jeweils an einem Tag die eine und die andere Talseite -und wieder mit den Pferden zu erkunden. Eine sehr abenteuerliche Tour, da aufgrund des Regens der Fluss, der durch das Tal fließt und den wir 6x durchqueren mussten, extrem angestiegen war. Das Wasser reichte den Pferden bis zum Bauch und sie mussten sich offensichtlich überwinden, den reißenden Fluss zu durchwaten. Wir waren erstaunt wie problemlos die Pferde den Auf- und Abstieg trotz der Wetterbedingungen meisterten. Trittsicher brachten sie uns hinauf in die Berge zu einer kleinen Hütte, in der man bei heißem Kakao die umherschwirrenden Kolibris beobachten konnte. Javik glückte es sogar, einen an den Federn anzufassen, so zutraulich waren die kleinen Vögel gegenüber den ihnen wohlbekannten Touristen. Nach fünf Stunden kamen wir müde und durchnässt wieder im Tal an. Junus schlief unter dem Poncho, der uns vor dem Regen schützte, beim Abstieg schon ein und Javik fiel vor Müdigkeit fast vom Pferd. Uns ging es ganz genauso.
Bis zum Rückflug in Bogota hatten wir noch drei Tage Zeit. Einen Zwischenstopp legten wir noch bei der Mutter eines Freundes von uns ein. Sie wohnte in einem kleinen Dorf mitten in den Bergen, etwa zwei Stunden von Bogota entfernt. Das Häuschen lag inmitten einer kleinen Plantage mit den leckersten Mangos, Bananen, Orangen und Papayas, die man sich vorstellen kann. Leider konnte Dora Ligia kein Englisch und so versuchten wir uns, zwei Tage mit Händen und Füßen zu verständigen, was nicht immer ganz einfach war. So gerne hätten wir mehr von ihr und ihrem Leben in den Bergen erfahren!
Unser letztes Ziel war ein Nebelwald bei Bogota. Wir campierten hier für eine Nacht in einem Baumhaus, was Ben wieder einmal auf Ideen brachte, wie doch unser nächstes Heim nach dem Segelboot aussehen sollte 😉
Nach knapp drei Wochen landeten wir wieder in der Hitze und Trockenheit von Santa Marta. Unser Boot war natürlich noch nicht im Wasser, aber knapp eine Stunde nach unserer Ankunft und Bens Drängen, konnten wir die Lady Sunshine doch endlich wieder beziehen. Klein wirkte das Boot auf uns. An Land war doch alles irgendwie größer und einfacher. Wir brauchten einige Tage, um uns einzuleben und im Seglerleben wieder anzukommen.
Das nächste Ziel heißt nun San Blas Inseln, Panama. Der Traum eines jeden Seglers – zumindest in der Karibik – und das Gebiet, das dem Pazifik bekanntlich am nächsten kommt. So haben wir es zumindest gehört. In den nächsten Wochen werden wir uns selbst ein Bild darüber machen…